Augenblicke aus der Nabelperspektive

Ich und meine Wände

Ich spreche zu den Wänden. Ich spreche laut vor mich zu ihnen hin. Ich spreche weil ich sagen muss. Und dann, hab ich es gesagt. Und morgen, am nächsten Tag, weiss ich nichts mehr. Weiss nur noch, dass ich gesprochen hab. Gesagt habe, was ich schon lage habe sagen wollem, wenn auch nur den Wänden.
Jetzt weiss ich nichts mehr. Das besorgt mich. Macht mir Sorgen. Möchte wissen, was ich gesagt habe, was ich schon lange habe sagen wollen.
Ich aber klug und all dem Fortschrit nicht feindlich gesinnt, stelle mir bereit eine Maschine, eingespannt ein weisses Papier -- zu jeder Zeit bereit, um zu schreiben meinen Wänden.
Ich aber lass mich nicht tricken. Schreibe nicht und spreche auch nicht mehr.
Bin nun gefangen von den Gedanken, die in mir Karusell laufen.
Ich aber nicht dumm und dem Fortschritt nicht feindlich gesinnt, will durchbrechen meine Qual, denn Karusellfahren mag ich nicht, jeoch wissen, was ich sagen muss, und zu jeder Zeit den Wänden auch gern erzählen tat, was mich bedrückte.
Jetzt will ich endlich wissen, und schaffe mir ein Diktafon an. Um so, zu jeder Zeit und ohne Müh und Qual, zu registrierern, was ich zu sagen hab. --
Nun liegt es da mein Gerät, zu registrieren, was ich denken tu -- als Erinnerung an die Zeiten, in denen ich noch gesagt hab, was ich meinte -- Wenn auch nur den Wänden

 

Schreib - Arbeit

Da sitz ich nun. Möchte schreiben. Nun hät ich Zeit. Mein Kopf aber, der ist voll. Ich habe keinen Raum. Vielleicht ist es nicht nur mein Kopf.Es ist mein Herz.
Noch bin ich nicht aus Stein. Das ist gut, und oft sehr unangenehm.
Immer wieder bestimmt mein Gemüt, mein Tun und Sein.
Wäre ich angestellt, ich würde einfach tun. Und viellicht -- auch einwenig vergessen. Immer etwas mehr vergessen. Würde nicht mehr fühlen Feud und Leid.
Dann, vielleicht, könnt ich einfach funktionieren. Funktionieren, tun und lassen, was man von mir verlangt. So, wie dies die meisten tun. Ob die noch kennen, Freud und Leid -- ihre Empfindlichkeit, die bestimmt ihr Tun und Sein?
Nun hät ich Zeit, doch keinen Raum. Muss hinaus. Muss Weite fühlen.
Muss zuerst den Raum noch finden. --
Das ist die Kunst: zu fühlen, wann ich es versuchen muss.
Wann ich schreiben, und wann ich es lassen muss -- zu akzeptieren.
Heute kann ich nicht. Ich kann nicht produzieren.

 

Durch Beizen und Gassen

Bald wird Mitternacht sein. Die Stadt ist ruhig, bereitet sich vor für des Tageslauf -- muss schlafen, für den nächsten Lauf.
Es ist dunkel und kühl. Noch regnet es.
In den Strassen fast nur Taxis, und die Lichter der Stassenlampen.
Nun haben auch die Beizen Feierabend und schliessen ihre Tore. Die Erlösung ist gekommen. Nun können auch sie nach Hause gehen. Sie, die in diesen Stuben hockten, um nicht alleine, in ihrer Stube zu hocken. Nun gibt es nichts mehr zu verpassen. Getrost können nun auch sie nach hause gehen.
So wandeln sie nun, diese dunkeln Gestalten durch die Gassen. Noch immer allein gelassen in ihrer Einsamkeit. Noch immer suchend. -- Vielleicht, nur einen Blick.
Verbittert und düster den Boden bestarrend, torkeln sie weiter. Sie suchen nicht mehr -- Sie hoffen nicht mehr. -- Schwer ist ihr Schritt, der sie duch diese Nächte bringt; der sie durchs Leben führt.
So wandle auch ich nach hause. Auch für mich schlossen sie die Tore der Kneipen. Das ist gut. Ich wollte ja nur kurz auf ein Bier hineinsitzen. Daraus wurden Stunden. Immer am gleichen Tisch, in der selben Ecke. Ich blieb sitzen.
Menschen sassen an dem Tisch. Einige gingen, andere kamen. Ich blieb sitzen. Viele Gesichter, viele Geschichten. Und ich? Ich höre zu. Schaue sie an, und lasse mich unterhalten.
Wir lachen und wir streiten. Ein Heiratsangebot hab ich auch bekommen. Nur im Fall, dass er je einmal heiraten würde. Ja, dann, eine Frau wie ich. Das würde ihm gefallen. -- Ein Schmunzeln. Natürlich freue ich mich darüber. Und denke: Oh diese Kinder, die nach ihrer Mutter schreien. Er war noch sehr jung, wirklich jung -- Aber, es hat mich gefreut.
Mit Hannes hatte ich Streit. Warum, dies weiss ich nicht. Kann doch nicht sein, nur weil ich ihm gesagt habe, dass mir beinahe täglilch ein Mensch erzähle, er habe nun endlich seine grosse Liebe gefunden. Und, dass mir auch fast täglich jemand erzähle, seine Liebe sei nun zu Ende, weil er oder sie, eine Anderr Liebe gefunden habe. Und ich frage mich dann: Was die wohl meinen mit Liebe. -- Ich wollte dem Hannes ja nur sagen, dass ich gut verstünde, dass er seine Liebe zu Kathrin weiter lebe, obschon er sich in die Iris verliebt habe. Dies seien doch nicht Beziehungen, die einander ausschliessen oder konkurenzieren würde. Diese Worte aber schienen ihm nicht zu gefallen. Er stand auf, sagte muff: Ich sei eh nur eifersüchtig, und überhaupt, ginge mich dies nichts an, und ich hätte mich da nicht einzumischen. Wütend verliess er das Lokal. Ich blieb zurück und verstand einmal mehr nichts. Kopfschüttelnd setzte ich mich wieder hin, und unterhielt mich weiter mit Sepp, der ja nun auch schon einige Stunden am selben Tisch sass.
Der Abend verging.
Nun ist es Zeit. Ich schlendere nach Hause. Ein älterer Mann kommt auf mich zu, schaut mir tief in die Augen, und sagt: "Sie, bitte sie! Sagen sie mir, bin ich besoffen?" Ich sage nein, ohne, dass ich mir des so richtig überlegt hatte. Darauf veränderte sich sein zuvor sehr düsteres und fragendes Gesicht in ein breites Strahlen, Leuchten und Lachen. Sogar seine Augen begannen zu leuchten, und er ging weiter -- und ich nach hause, diesem Gesicht noch einen Moment nachsinnend. Er hatte sich gefreut. Eine sehr einfache, jedoch eine wunderbare Freude war dies. -- Ob er sich wohl nur darüber gefreut hatte, dass ich vor ihm nicht Angst hatte? Ob es wohl das war, was er wissen wollte, und ihn freute?

 

Gedankenspiel

Wer raucht ist ein Raucher
Wer nicht raucht, ein Nichtraucher
Wer nützt, ein Nützlicher
Wer nicht nützt, ein Nichtsnutz.
Wer sagt, ist ein Sager
Wer versagt, ein Versager
Wer spricht, ein Sprecher
Wer verspricht, ein Versprecher.
Wer männlich ist, ist ein Mann
Wer weiblich ist, ein Weib
Wer kindlich ist, ein Kind.
Wer jung ist, ist ein Junge
Wer gross ist, ein Grosser
Wer herrlich ist, ein Herr
Wer göttlich ist, ein Gott
Wer lebt, ist ein Lebender
Wer tod ist, ein Toter.
Wer arbeitet ist ein Arbeiter
Wer studiert, ein Studierender
Wer regiert, ein Regierender.

 

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